Frage:
Du hast auch die Tintentrilogie von Cornelia Funke eingelesen und warst mit ihr auf Lesereise. Am 14. September erscheint der lang erwartete neue Roman von Funke – „Reckless – Steinernes Fleisch“ zeitgleich als Hörbuch wieder von dir gelesen. Was gefällt dir an „Reckless“ besonders gut?
Rainer Strecker: Mir gefällt, dass die Sprache sperriger ist, eingedampft, ein Extrakt. Diese Geschichte ist keine Rutschbahn, man muss sie sich erobern, ihr sehr genau zuhören, sonst entgeht einem die Schönheit. Über einen Satz wie „..lagen die Pillen, die sie schlafen ließen“ liest man leicht hinweg, aber darin liegt die Information einer furchtbaren Kindheit, eines großen Bruders der viel zu früh erwachsen sein musste, Elternersatz für den kleinen Bruder. Das sind Sätze wie Flaschengeister. Man geht hin, reibt dran und plötzlich werden sie riesig, bekommen ein Eigenleben…
Frage: Hast du eine Lieblingsfigur?
Rainer Strecker: Fuchs. Ich mag widersprüchliche Figuren und Fuchs besteht ja buchstäblich aus zwei Figuren. Tier und Mensch, Kopf und Bauch, Vernunft-Natur… Fuchs ist kratzbürstig und vergeht vor Sehnsucht. Und Fuchs liebt!
Frage: Wie hast du dich auf die Aufnahmen vorbereitet?
Rainer Strecker: Ich habe das Werden der Geschichte beobachtet, schon sehr frühe Fassungen gelesen. Jede weitere Fassung war sehr anders und immer noch besser. Ich habe mich aber ganz lange rausgehalten, versucht mir nichts vorzunehmen. Selbst als Cornelia und ich in London überlegt haben, welche Passagen wir vorlesen werden, wusste ich noch immer nicht, wie ich es eigentlich spreche, mit welchen Stimmen ich die Figuren belege. Da ähneln Cornelia und ich uns in unserer Herangehensweise. Wir lassen die Geschichte entscheiden. Plötzlich ist was da oder anders als man dachte und wollte. Ich versuche ein Medium zu sein, die Geschichte DURCH mich sprechen lassen und nicht andersrum ihr meinen Stempel Aufdrücken.
Frage:
Du bist ein vielbeschäftigter Schauspieler und in vielen Kino- und Fernsehfilme zu sehen. Was gefällt dir an der Arbeit im Tonstudio? Was eher nicht?
Rainer Strecker: Im Tonstudio ist es einsam stickig und eng und wenn man großes Glück hat sitzt hinter der dicken Scheibe jemand wie Markus Langer, der zuhören kann und kluge Dinge sagt oder einfach nur Reibefläche bietet. Die Vorbereitung ist das, was Spaß macht, das Lesen, das Hineinschmecken in den Atem der Geschichte
zdroj: cityguide-rhein-neckar.de